Vor 70 Jahren,am 5. Mai 1955,übernahm die Stadt Göppingen die Patenschaft über die Schönhengster. Nun wurde im Göppinger Rathaus mit Unterzeichnung einer neuen Patenschaftsurkunde dieses Band feierlich gefestigt.
200 Kilometer nördlich von Wien liegt im heutigen Tschechien der Schönhengstgau,vor der Vertreibung eine der größten deutschen Sprachinseln. Mit seinen Städten Zwittau,Brüsau,Mährisch-Trübau,Landskron,Hohenstadt/March und Müglitz,war es ein Zentrum deutscher Kultur und Tradition in dieser Region. In 148 Gemeinden lebten 1945 rund 150.000 Personen,von denen etwa 80 Prozent deutsch waren. Mit dem Ende des 2. Weltkrieges galten sie jedoch als rechtlos und vogelfrei und wurden aus ihrer geliebten Heimat vertrieben. Diese traumatischen Ereignisse führten dazu,dass viele Schönhengster in verschiedenen Teilen Deutschlands,darunter zahlreiche in Göppingen,eine neue Heimat suchten. Viel mussten sie zurücklassen,nicht jedoch ihr „geistiges Fluchtgepäck“,aus Sprache,Mentalität und Kultur. Mit der Übernahme der Patenschaft für die Schönhengster gab die Stadt Göppingen den Vertriebenen Halt in der Fremde,Raum für deren Kultur und setzte ein Zeichen des Verständnisses.
Die feierliche Übernahme dieser Patenschaft am 5. Mai 1955 war ein Akt der Solidarität und des Mitgefühls. Oberbürgermeister Alex Maier betonte beim Festakt im Rathaus: „Diese Verbindung,die seit 1955 besteht,ist weit mehr als eine formale Partnerschaft – sie ist ein lebendiges Band der Freundschaft,das uns in guten,wie in schwierigen Zeiten zusammenhält.“ Und Klaus Hoffmann,Obmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft,hob hervor,dass Göppingen den Heimatvertriebenen Schutz gegeben und zugleich die Herkunft und die Tradition der Schönhengster schätzen gelernt habe. Durch die Unterzeichnung der Patenschaftsurkunde 1955 sei gezeigt worden,dass die Vertreibung nicht das Ende gewesen sei.
Indem nun im Rathaus diese historische Unterzeichnung nach 70 Jahren durch Oberbürgermeister Alex Maier und Landschaftsbetreuer Friedrich Eigel erneuert wurde,zeigt sich,wie gefestigt die Freundschaft und damit auch der gemeinsame Wunsch weiterhin Brücken ins Schönhengstgau zu bauen,heute ist. Vielfältige Verbindungen sind in den vergangenen Jahren entstanden,wie auch Dr. Fritscher in seiner Rede herausstellte und gegenseitige Besuche tragen wesentlich zum Verständnis zwischen Schönhengstern und der heutigen tschechischen Bevölkerung bei. So werden beispielsweise auch in diesem Jahr zum Maientag wieder Gäste aus Tschechien erwartet und das freundschaftliche Miteinander und der Dialog gelebt. Gerade in der heutigen Welt,die sich immer schneller verändert,sind solche Verbindungen und die damit verknüpfte lebendige Erinnerungskultur,von unschätzbarem Wert,verdeutlichte OB Alex Maier.
„80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gedenken wir der Vertreibung und des Verlusts der Heimat,die die Gemeinschaft erlitten hat. Diese Ereignisse sind Mahnmale der Geschichte,die uns gerade in den heutigen Zeiten,in denen erneut Menschen in Europa vor Krieg und Gewalt fliehen müssen,die Bedeutung von Solidarität und Mitmenschlichkeit schmerzlich bewusst machen. Diese Patenschaft ist ein Zeichen dafür,dass wir aus der Geschichte lernen und Verantwortung für ein friedliches Miteinander übernehmen“.
Schönhengster Heimatmuseum
Seit 1988 befindet sich das Schönhengster Heimatmuseum und Archiv im „Alten Kasten“ in Göppingen. Dort werden materielle Kulturgüter wie Hausrat,Geschirr und Textilien gezeigt,die im wenigen erlaubten Vertreibungsgepäck vorhanden waren. Fotos erinnern an Bauernhöfe,Bürgerhäuser,Fabriken und Kirchen. Es ist ein kleiner Ausschnitt aus einer reichen Kulturlandschaft,die unwiederbringlich zerstört ist.
Kontakt:
Schönhengster Heimatbund
Schlossstraße 14,73033 Göppingen
Telefon 07161 69922
Mail: schoenhengster-heimat@t-online.de
PM Stadtverwaltung Göppingen